Leseprobe – Was möchten Sie denn wissen?

… Als ich Erna erblickte, die neben einem rotgesichtigen Mann an der Bar stand, der an einem Glas Wasser nippte, ging ich auf sie zu, um sie zu begrüßen. Natürlich war ich auch neugierig auf ihren Gatten, von dem sie mir ja bereits so viel erzählt hatte. 

»Sie müssen Alfons sein«, sagte ich erfreut und umarmte ihn wie einen langjährigen Freund, »wie schön, dass wir uns endlich kennenlernen! Darauf sollten wir anstoßen!« 

Bei der Bedienung bestellte ich ein Gläschen Sekt, drückte es Alfons in die Hand und prostete ihm mit meinem Saftglas zu.

»Ich darf ja leider nicht, meine Migräne, wissen Sie?«, erklärte ich ihm vertraulich. Er nickte verständnisvoll und leerte sein Glas in einem Zug. Schnell orderte ich einen weiteren Sekt und raunte ihm zu: »Sie müssen mir unbedingt ein Tänzchen reservieren, denn Erna schwärmt immer wieder davon, welch begnadeter Tänzer Sie sind.«

Er lächelte geschmeichelt. »Jetzt sofort?«, fragte er, denn die Band hatte gerade begonnen, eine langsame Rumba zu intonieren.

»Aber ich bitte Sie! Diese schweren Schritte kann ich nicht. Ich bin doch noch Anfängerin«, erwiderte ich und schlug schüchtern die Augen nieder. »Darf ich Sie auffordern, wenn die zu meinen bescheidenen Kenntnissen passende Musik gespielt wird? Ich würde so gerne mal mit einem Mann tanzen, der es wirklich gut kann!«

Die Röte in seinem Gesicht wurde eine Spur intensiver.

Er tätschelte gönnerhaft meinen Arm. »Selbstverständlich dürfen Sie das. Von mir können Sie sicher viel lernen. Ich kann jeden Tanz, denn ich bin der Beste im Kurs, wissen Sie?«, prahlte er.

»Das dachte ich mir! Darauf trinken wir noch einen«, begeisterte ich mich und gab der Bedienung einen Wink. 

Nachdem Alfons auch das dritte Glas geleert hatte, begab ich mich zu der Band und bat um einen flotten Tango. Die Musiker freuten sich sehr über meinen Wunsch. Kurz darauf befanden Alfons und ich uns auf der Tanzfläche, die wir fast für uns allein hatten. Da ich zu Hause vor dem Spiegel fleißig geübt hatte, fiel es mir nicht schwer, mich in seine starken Arme zu schmiegen und ihn über das Parkett zu schieben. 

»Sie machen das wahnsinnig gut«, hauchte ich ihm in der Mitte des Liedes ins Ohr, woraufhin er seine beginnende Atemnot ignorierte und noch ein wenig forscher tanzte. Als die fleißigen Bandmitglieder ihr glanzvolles Crescendo erreichten, sank er vor mir auf den Boden, was ich als Zeichen seiner Bewunderung empfand. Ein Gentleman der alten Schule halt! 

Erna, die ewig Besorgte, meinte jedoch, den Notarzt rufen zu müssen, als er einfach nicht mehr aufstehen wollte. Aus meiner Sicht eine unüberlegte Entscheidung, denn so lag ihr Alfons noch in der Herzklinik, als die beiden eigentlich im Flugzeug nach Bali sitzen wollten. Allzu schlimm kann der Infarkt allerdings nicht gewesen sein. Und auch der plötzliche Gichtschub hat sich schnell gebessert …